Offener Brief an alle Delfinliebhaber

Schwimmen oder Nichtschwimmen - das ist nicht mehr die Frage!
Seit 2001 arbeitet Espaco Talassa beim Schwimmen mit Delfinen nach sehr strengen Regeln: Kleine Gruppen (maximal 8 Teilnehmer), Ausbildung der Betreuer, Verpflichtung der Schwimmer zur Vorlage einer ärztlichen Gesundheitsbescheinigung, spezielles Briefing über die Verhaltensweise sowie die Ökologie der 5 Arten, mit denen das Schwimmen erlaubt ist, Paket mit mindestens 5 Ausfahrten...denn sich Zeit zu nehmen für die Natur, ist der Schlüssel zum Respekt. Wir haben uns diese strengen Regeln auferlegt, da wir auf diese Weise den negativen Einfluss auf die Delfinpopulationen und somit das Risiko für die Schwimmer so gering wie möglich halten wollten. Mein geheimer Wunsch war es dadurch, andere Anbieter und die azoreanischen Politiker zu überzeugen unserer Initiative zu folgen. 15 Jahre später muss ich zugeben, dass dies fehlgeschlagen ist. Es erstaunt mich, dass bislang kein schwerer Unfall gemeldet wurde- die Delfine sind wirklich friedliche und geduldige Tiere! Zum heutigen Tag haben wir:
  • Unzurreichende Informationen: über die Tiere, mit welchen Arten es erlaubt ist zu schwimmen oder wie man sich in ihrer Gegenwart verhält (Geräusche, plötzliche Bewegungen...)
  • Zu wenig Information über das Risiko, welches das Schwimmen im offenen Meer birgt
  • Zu viele Boote in den Schwimmbereichen
  • Laute und starke Bootsmotoren (große Boote)
  • Unzureichende Kontrollen
  • Nicht oder nur unzureichend ausgebildete Betreuer
Dank der Rücksichtslosigkeit der meisten Anbieter, ihres illegalen Handelns und durch die Tatenlosigkeit (häufig sogar Komplizenschaft) der azoreanischen Behörden, sehen wir keine andere Möglichkeit als das Schwimmen mit Delfinen aufzugeben, um unseren Werten und Überzeugungen treu zu bleiben. Wir bitten alle, die weiterhin dieses Erlebnis suchen, noch einmal darüber nachzudenken oder zumindest sicher zu stellen, dass:
  • Das Unternehmen ausreichend versichert ist und über eine aktuelle Lizenz verfügt
  • Ihre körperliche Fitness ausreichend ist (lassen Sie sich von Ihrem Arzt beraten)
  • Dass die Betreuer ausreichend ausgebildet sind, um Ihre Sicherheit gewährleisten zu können (haben sie beispielsweise eine Ersthelferausbildung, PADI-Ausbildung, einen Rettungsschwimmerschein...?)
Das Schwimmen im offenen Meer birgt Risiken für Sie (und Ihre Kinder) auch abhängig von der Ausbildung, der Erfahrung und Fähigkeit der Crew (wie reagiert man richtig bei einem Krampf, Unterkühlung, Panikattacken...und bringt Sie sicher wieder an Bord).
  • Juli und August sollten gemieden werden, da dann die Aktivität auf dem Meer so groß ist, dass Sie kaum eine Chance auf ein lohnenswertes Schwimmerlebnis haben. Die Tiere sind in dieser Zeit „ausgelastet“. Bedenken Sie, dass Whalewatchingboote immer Vorrang vor Schwimmer-Booten haben, so dass es sein kann, dass Sie häufig das Wasser verlassen und warten müssen, bis sich kein weiteres Boot im Bereich befindet.
  • Wählen Sie kleine Hartboden-Gummiboote/Zodiaks, da diese leichter zu steuern und weniger störend sind als größere Boote (das azoreanische Gesetz verbietet die Benutzung des Rückwärtsganges)
  • Stellen Sie sicher, dass die Gruppe aus maximal 8 Schwimmern besteht und die Dauer der Ausfahrt mindestens 3 Stunden beträgt. Das azoreanische Gesetz erlaubt maximal zwei Schwimmer zur gleichen Zeit im Wasser. Die Kombination aus zu vielen Schwimmern, der Anfahrtsdauer zum entsprechenden Bereich (sowie der Dauer der Rückfahrt) und das vorsichtige Annähern an die Tiere macht eine entspannte Begegnung mit den Delfinen fast nicht möglich. Mit zu vielen Teilnehmern an Bord ist der Anbieter entweder unehrlich, was die Möglichkeit des Schwimmens mit den Tieren betrifft oder er respektiert nicht die Gesetze und erlaubt mehr als nur zwei Personen gleichzeitig den Einstieg ins Wasser.
  • Nehmen Sie nur an Ausfahrten teil, die exklusiv für das Schwimmen mit Delfinen reserviert sind, denn viele Anbieter mischen zur Kostenersparnis Schwimmer und Walbeobachter auf ihren Booten. Hierdurch entsteht oft eine große Unzufriedenheit bei den Teilnehmern, da sie sich mehr von ihrem Erlebnis versprochen haben und der Wunsch nach einer intensiven Begegnung mit den Tieren oft unerfüllt bleibt.
Ich bin mir sicher, dass es schwierig wird, einige von Ihnen zu überzeugen. Ja, die Begegnung mit den Tieren ist ein Moment seltener und intensiver Schönheit...aber wie in allen Beziehungen sollten die Gefühle beiderseitig sein. Wir sollten unser Verlangen in Frage stellen, um jeden Preis mit den Tieren im Wasser sein zu wollen, die Frustration, wenn dies nicht möglich ist, die kindische Vorstellung, die wir von den Walen und Delfinen und ihrer Welt haben und auch die Machenschaften einiger „Gurus“, die diese Blauäugigkeit ausnutzen. 1996 schrieb ich:
„Grossartig, ich war bei ihnen!“. In dem Moment, in dem Sie in das Blau des Atlantiks eintauchen, öffnen Sie eine Tür zu einer anderen Dimension und begeben sich in ihre Welt. Mein Wunsch ist es, Sie zurück ins Boot klettern zu sehen, mit dem Lächeln von einem Ohr zum anderen und Sie sagen zu hören: „Großartig, ich war bei ihnen. Sie haben mir direkt in die Augen geschaut.“
Leider wird dieses Lächeln immer seltener. Zögern Sie nicht, mich zu kontaktieren - ich bin gerne bereit über meine Entscheidung und meinen Standpunkt zu sprechen. Vielleicht schaffen wir es gemeinsam potenzielle Schwimmer besser zu informieren, die Anbieter der Touren zu einem verantwortlicheren Handeln zu animieren und die Regierung dazu zu bewegen, neue Gesetze zu erlassen oder zumindest die geltenden Gesetze zu respektieren. Beispielsweise würde der Artikel 20, der das frontale Annähern an Cetaceen verbietet, der Aktivität ein Ende setzen, denn niemand schafft es schwimmend einen Delfin einzuholen. Unsere Träume sind leider zu oft ihre Albträume! Gemeinsam können wir uns für einen verantwortungsvolleren Tourismus einsetzen.
Serge Viallelle